Dr. Susanne Hoischen-Taubner

Doktorin der Agrarwissenschaften
M. Sc. (Pferdewissenschaften), Dipl-Ing. (FH) Landbau

Dr. Susanne Hoischen-Taubner

Doktorin der Agrarwissenschaften
M. Sc. (Pferdewissenschaften), Dipl-Ing. (FH) Landbau

Komplexität einfangen - Equifinalität


“Viele Wege führen nach Rom”

Der (englische) Begriff equifinal drückt aus, dass derselbe Endzustand aus unterschiedlichen Anfangssituationen und auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann.

Dieser Aspekt ist zentral im Umgang mit der Unterschiedlichkeit, durch die landwirtschaftliche Betriebssysteme gekennzeichnet sind. Keine zwei Betriebe sind gleich in ihren Ausgangsbedingungen und den Wechselwirkungen der Faktoren. Folglich können nicht für alle Betriebe mit demselben Problem (z.B. zu viele Kühe mit Lahmheiten) dieselben Maßnahmen die richtigen, bzw. wirksamen sein. Entscheidend ist die Zielausrichtung und die Offenheit, dieses Ziel auf unterschiedlichen Wegen erreichen zu können. Das Foto links entstand bei einem Arbeitstreffen im Impro-Projekt, in dem wir Kernelemente des systemorientierten Vorgehens zusammengetragen haben.

Systeme richten sich nach ihren Zielen aus

Es ist ein Kennzeichen offener (biologischer) Systeme, dass die Wechselwirkungen innerhalb des Systems keine eindeutigen Aussagen über Ursachen und Wirkungen erlauben. Gleichzeitig ist das Zusammenwirken der unterschiedlichen, oft auch unbekannten Teile des Systems auf den Zweck, bzw. das Ziel des Systems ausgerichtet. Für lebende Systeme ist das i.d.R. der Selbsterhalt, bzw. der Erhalt der Nachkommen. Diesem Ziel können andere Ziele untergeordnet werden. 

Landwirtschaftliche Betriebe sind als (soziale) Systeme zu verstehen. Auch für die öft familiengeführten Betriebe ist der Zweck, das Ziel des Wirtschaftens, i.d.R. der Selbsterhalt des Betriebes. Zunehmend hängt diese Zielerreichung nicht mehr allein davon ab, ob die Produkte des Hofen ausreichend Gewinn erzielen. Ein großer Teil der Betriebseinkommen wird durch Subventionen gesichert. Trotzdem ist, teils aus historischen Gründen, das professionelle Netzwerk um die landwirtschaftlichen Betriebe weiterhin “produktivistisch” ausgerichtet. Eine höhere Produktivität scheint erstrebenswert - selbst wenn jedes erzeugte Mastschwein und jeder Liter Milch einen Verlust bescheren. Eine Umorientierung hin zu qualitativen Zielen wie einer geringren Belastung der Nutztiere oder weniger Schäden an der Umwelt ist nur möglich, wenn die Rahmenbedingungen dafür im übergeordneten, gesamtgesellschaftlichen System gestaltet werden.

Welche Erwartungen an die Agrarwirtschaft bestimmen die Zielausrichtung? 

Wenn wir es schaffen, die qualitativen Ziele von weniger Produktioskrankheiten (als wesentlicheVoraussetzung von mehr Tierwohl) und weniger Umweltbelastung mit dem Systemzweck der Überlebensfähigkeit der Betriebe zu verknüpfen, werden sich die Systeme (die Betriebe, aber beispielsweise auch die Beratungsorganisationen) nach diesen Zielen ausrichten und vielfältige Wege finden und beschreiten, um diese Ziele zu erreichen.


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